Bildquelle: ©Jungfrau Marathon 2024 by David Birri

Ein Marathon übt für Läuferinnen und Läufer eine ganz besondere Faszination aus, und viele möchten die Königsdistanz zumindest einmal in ihrem Leben schaffen. Viktor Röthlin sagt, was es dabei zu beachten gilt.

«Ein Marathonlauf ist ein faszinierendes sportliches Abenteuer und gleichzeitig eine Höchstleistung, auf die man sich gut vorbereiten sollte. Eigentlich sind die Zutaten einfach: Man sollte gesund sein, einen stabilen Bewegungsapparat haben – und gerne und regelmässig laufen. So ist mit genügend Zeit und Motivation ein Marathon für alle machbar, wenn sie dranbleiben.

Gänzlichen Laufeinsteigern empfehle ich eine rund dreijährige kontinuierliche Vorbereitung, bereits erfolgreiche Halbmarathon-Finisher können einen Marathon aber auch in einem Jahr schaffen. Von Null auf Hundert oder Marathon-Bierwetten halte ich nichts. Einen Marathon macht man nicht einfach so aus dem Stehgreif.

Gleichzeitig ist der wöchentliche Zeitaufwand für einen Marathon überschaubar, wenn «nur» das Finishen im Fokus steht. Sinnvoll sind regelmässig zwei, besser drei Lauftrainings pro Woche. Als Faustregel sollte man langfristig ungefähr wöchentlich so viel laufen, wie ein Marathon lang ist, also rund 35-40 km.

Event-Atmosphäre schnuppern

Laufeinsteiger sollen zuerst die Freude am Laufen festigen, bevor sie Dauer und Distanz steigern. Sinnvoll ist es zudem, auf dem Weg zum Marathon immer mal wieder Wettkampfluft zu schnuppern, vielleicht bei einem 5 oder 10 Kilometer langen Stadtlauf oder später auch bei einem Halbmarathon. So lernt man die spezielle Atmosphäre eines Laufevents kennen und auch, wie man eine Distanz am besten einteilen kann.

Steht dann irgendwann der Marathon als Zieldistanz an, braucht es im Vorfeld regelmässig lange Läufe, zumindest in den letzten rund 3-4 Monaten. Ich empfehle aber, dass man sich die 42,195 km des Marathons für den Ernstfall aufsparen sollte und in den Longruns nie länger als drei Stunden oder maximal 38 km rennt. Ich finde das mental einfacher, zumindest für Einsteiger, als wenn sie bereits im Training regelmässig Marathondistanzen oder gar mehr absolvieren und dafür vier Stunden oder länger unterwegs sind. Bei Spitzensportlern sieht das anders aus, da wird im Training immer häufiger mit Überdistanzen gearbeitet.

Ein Zeitziel setzen macht Sinn

Sich ein Zeitziel zu setzen, ist für die Einteilung eines Marathons definitiv sinnvoll. Nicht, um sich unter Druck zu setzen, sondern um zu wissen, wie schnell man zu Beginn unterwegs sein soll bzw. darf, damit man das Tempo auch durchhalten kann. Auch deshalb sind Trainingswettkämpfe sinnvoll. Wer weiss, wie schnell er bei einem kurzen Lauf oder einem Halbmarathon ist, kann die Zeit grob auf den Marathon hochrechnen. Dazu passen in etwa folgende Faustregeln:

  • 5-km-Zeit x 9,79 = Marathonzeit
  • 10-km-Zeit x 4,67 = Marathonzeit
  • Halbmarathonzeit x 2,09 = Marathonzeit

Wenn Sie die so ermittelte Totalzeit durch 42 teilen, erhalten Sie die Kilometerwerte, die Sie anpeilen können. Um einen Marathon unter 4 Stunden zu laufen, muss man während des gesamten Laufs ein Durchschnittstempo von 10,6 km/h – also 5 Minuten 39 Sekunden pro km – laufen.

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Dreimal ein Drittel

Viele Marathon-Neulinge starten in der emotionalen Hitze der Startphase viel zu schnell. Sie laufen so, wie sie gefühlsmässig können und vergessen, dass sie das Tempo 42 km lang durchhalten müssen. Daher empfehle ich den ersten Marathon nach Tempovorgaben zu laufen. Mittlerweile besitzen alle eine GPS-Uhr und wissen nach jedem Training auch in unbekannten Regionen, mit welchem Kilometerschnitt sie unterwegs waren. Nach Puls laufen ist heikel, der ist meist durch die Wettkampfnervosität höher als gewohnt und daher trügerisch.

Wenn Sie das Zeitziel definiert haben und die Kilometer-Durchschnittszeit berechnet ist, empfehle ich, den ersten Drittel des Marathons ein paar Sekunden langsamer als die km-Durchschnittszeit-Vorgabe anzulaufen. Dies darum, damit sichergestellt ist, dass Sie im ersten Drittel nicht bereits zu viel wertvolle Energie verschwenden und zu früh ihre Kohlenhydratspeicher anzapfen. Haben Sie Geduld und halten Sie sich an diese Vorgabe, auch wenn Ihnen das Tempo gefühlsmässig langsam erscheint.

Im zweiten Drittel können Sie dann auf das das km-Durchschnittstempo steigern und dieses Tempo möglichst konstant halten. Und im Schlussdrittel können Sie die Vorgaben gegen den Schluss hin ruhig über Bord werfen und noch einmal alles geben, was Sie haben und Ihre Reserven aufbrauchen.

Das tönt jetzt relativ simpel, ist aber im Eifer des Gefechts eine Kunst und trotz aller Warnungen passiert es fast allen Einsteigern (und auch vielen ambitionierten Läuferinnen und Läufern), dass sie zu schnell starten und gegen den Schluss hin einbrechen. Also ganz wichtig: Konservativ angehen, Geduld haben – und dann steigern.

Verpflegung entscheidend

Um rund vier Stunden lang eine kontinuierliche Ausdauerleistung erbringen zu können, ist auch eine gute Verpflegung wichtig. Das kann entweder mit Sportgetränken oder Gels gewährleistet werden. Gels haben den grossen Vorteil, dass man sie individuell mitnehmen kann und nicht vom Angebot eines Veranstalters abhängig ist.

Da Gels hochkonzentriert sind, müssen sie mit Wasser nachgespült werden, aber Wasser wird bei jedem Marathon abgegeben. Üben Sie die Verpflegung mit Gels auch in den Trainingsläufen, denn auch den Magen muss man trainieren und so finden Sie heraus, wie viel Sie benötigen und auch vertragen.

Und der letzte Tipp: Immer wieder vergessen begeisterte Hobbyläufer, dass ein Marathon auf Asphalt gelaufen wird. Das ist ein riesengrosser Unterschied zu gewohnten Trainingsläufen im Wald und auf Feldwegen. Deshalb: Laufen Sie in den letzten Monaten vor einem Marathon viel auf Asphalt, auch die langen Läufe. Und wenn möglich nicht nur ganz flache Strecken, sondern durchaus auch mal solche mit Auf- und Abwärtspassagen. Eine gute Vorbereitung und viel Erfolg!

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