Fehler im Lauftraining können Auswirkungen auf Form und Verletzungsanfälligkeit haben. Die 10 häufigsten Fehler samt Tipps, wie man sie vermeiden kann.
Die Form ist da. Über ein halbes Jahr haben Sie sich auf Ihr grosses Ziel vorbereitet – und nun dies: Eine plötzliche Verhärtung in der Wade zwingt Sie zu einer Pause, später gar zum Abbruch Ihres Vorhabens. Statt den geplanten ersten Marathon zu schaffen, stehen Sie da mit leeren Händen, einer verletzten Wade und einer riesigen Enttäuschung.
Leider eine nicht ganz seltene Situation für Läufer, die sich monatelang auf ein grosses Ziel vorbereiten, diesem vieles unterordnen, aber auch mit dem Kopf durch die Wand wollen. Im Folgenden zeigen wir Ihnen die 10 häufigsten Fehler und vor allem, wie Sie diese vermeiden können, damit Sie den Weg zum Ziel beschwerdefrei schaffen.
1. Zu grosse Umfangsteigerung
Sie sind motiviert und wollen es besonders gut machen. Sie steigern die Anzahl Ihrer Laufeinheiten von drei auf fünf. Nach einem Monat spüren Sie, wie Sie leichter laufen und für die gleiche Strecke weniger lang benötigen. Doch schon im zweiten Monat merken Sie, dass Sie häufig gereizt sind, dass sich Beschwerden am Bewegungsapparat bemerkbar machen, und dass Sie sich schlapp fühlen. Aus diesem Tief kommen Sie nur durch eine Pause heraus.
Besser: Die Anzahl Laufeinheiten sollten Sie Schritt für Schritt erhöhen. Geben Sie Ihrem Körper die nötige Zeit, um sich an die gesteigerte Belastung zu gewöhnen. Fügen Sie erst dann eine weitere Einheit hinzu, wenn Sie die erste zusätzliche Einheit gut verkraftet haben. Also nicht zwei Einheiten zusätzlich auf einmal. Halten Sie die zusätzlichen Einheiten zu Beginn verhältnismässig kurz und absolvieren Sie diese mit ganz tiefer Intensität. Bauen Sie zudem immer wieder eine Woche ein, in der Sie deutlich weniger häufig laufen, so dass sich Ihr Körper erholt und sich die Strukturen anpassen können.
2. Keine Variation
Anstatt den Grundprinzipien der Trainingslehre zu folgen, tappen Sie in die «Hobbyjogger-Falle»: Sie laufen jede Einheit mit mehr oder weniger dem gleichen Tempo. Sie sind nie richtig schnell und schon gar nicht langsam unterwegs. Gleichzeitig wundern Sie sich, warum Sie nicht schneller werden.
Besser: Differenzieren Sie sowohl im Bereich der Dauer als auch im Bereich der Intensität. Drei Viertel Ihrer Trainingseinheiten sollten im Grundlagenbereich stattfinden und 45 bis 90 Minuten dauern. Long Jogs können Sie bis zu zwei Stunden ausdehnen, Marathon-Aspiranten sogar bis zu drei Stunden. Bloss ein Viertel der Einheiten geschehen allerdings im intensiven Bereich. Dabei liegt die Belastungsdauer zwischen rund 10 und 30 Minuten bei hoch intensiven Einheiten und bei 30 bis 90 Minuten im mittleren Bereich. Indem Sie den extensiven Intensitätsbereich pflegen, wird die Fettverbrennung optimiert, was sich positiv auf Ihre Leistungsfähigkeit auswirkt, weil Sie die Kohlenhydrate länger schonen können.
3. Mit schlechtem Gewissen
Anstatt einem Trainingsplan zu vertrauen, übernimmt das schlechte Gewissen das Ruder, je näher das Ziel rückt. In den letzten Wochen vor dem grossen Wettkampf wird versucht, Verpasstes mit dem Brecheisen nachzuholen. Trainingshäufigkeit, Umfang und Intensität werden massiv gesteigert. Das Resultat ist entweder eine Verletzung oder grosse Müdigkeit am Tag X.
Besser: Vertrauen Sie Ihrem zu Beginn der Trainingsperiode erarbeitetem Trainingsplan und befolgen Sie diesen mit dem «Mut zur Lücke». Wenn Sie die vorgeschlagenen Trainings nach Vorgabe laufen können, haben Sie die Gewissheit, dass Sie auch im Wettkampf das Ziel in der gewünschten Zeit erreichen können. Dies verleiht Ihnen Sicherheit und Flügel. Haben Sie aber auch in den Tagen vor dem Wettkampf den Mut, eine Einheit auszulassen und sich stattdessen zu erholen. Es stand noch nie jemand zu gut erholt an der Startlinie, zu müde hingegen schon einige.
4. Mangelnde Erholung
Im Unterschied zum Profi hat (oder besser nimmt sich) der Hobbyläufer nicht ganz so viel Zeit, um sich zu erholen. Dies, obwohl es genau die Erholung nach Trainingsreizen ist, die uns schneller und ausdauernder macht.
Besser: Planen Sie nicht nur Ihre Trainings, sondern auch die Erholung und passen Sie Ihren Alltag entsprechend an. Gönnen Sie sich regelmässig eine Massage oder einen Saunagang. Legen Sie sich nach einem Training noch einige Minuten hin, bevor Sie sich wieder in die Arbeit stürzen. Training UND Erholung gehören zusammen wie Ebbe und Flut. Es braucht zwingend beides, wenn Sie weiterkommen wollen.
5. Unpassendes Schuhwerk
Wer mit schlechtem oder abgenütztem Schuhwerk unterwegs ist, hat weniger Spass und riskiert Probleme am Bewegungsapparat. Zudem muss er sich so wenige Tage vor dem Wettkampf allenfalls noch an neue Schuhe gewöhnen.
Besser: Da beim Laufen exzentrische Belastungen auftreten und Sie zwischen den Trainingseinheiten zu wenig Zeit haben, um Überlastungen auszukurieren, sollten Sie unbedingt über passende Laufschuhe verfügen. Lassen Sie sich in einem Fachgeschäft beraten, und wechseln Sie vor allem Ihre alten Treter rechtzeitig. Idealerweise haben Sie mindestens zwei Modelle zum Abwechseln. So ist gewährleistet, dass Sie die Belastung auf den Bewegungsapparat möglichst gering halten und die Muskulatur vielseitig gefordert wird. Laufen Sie zudem, sobald es die Bedingungen erlauben, regelmässig einige Minuten barfuss auf einem Rasenfeld, das kann auch unmittelbar nach einem Training geschehen. So stärken Sie Ihre Fussmuskulatur.
6. Nur Laufen und sonst nichts
Sie sammeln Kilometer um Kilometer, es läuft gut und für ergänzende Massnahmen bleibt keine Zeit. Ein Zwicken da, ein Ziehen dort betrachten Sie als ganz normal.
Besser: Laufen ist eine komplexe Angelegenheit, ein Mix aus den Faktoren Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit. Frönen sie nur dem Faktor Ausdauer, steht ihr Haus bzw. Ihr Bewegungsapparat langfristig auf wackligen Beinen und wird irgendwann einbrechen. Sorgen Sie mit einem Athletikprogramm und Gymnastikübungen (am besten mindestens zweimal wöchentlich) dafür, dass Sie erstens beschwerdefrei bleiben, zweitens jedes einzelne Training besser verkraften und drittens auch im Alltag körperlich und geistig mobil bleiben (oder werden). Gerade jetzt im Winter können Sie sich auch einem ganzheitlichen Gruppentraining anschliessen, welche in jedem Fitnesscenter angeboten werden.
7. Laufen auf die harte Tour
Ganz nach dem Motto «Pain is temporary – glory lasts forever» gestalten Sie Ihre Vorbereitung mit der Brechstange. Viel bringt viel, denken Sie. Auftretende Schmerzen am Bewegungsapparat verdrängen Sie. Auf schlechte Resultate an Vorbereitungswettkämpfen reagieren Sie mit einer Erhöhung des Trainingspensums im Allgemeinen und einer Steigerung der Intensität im Speziellen.
Besser: Läufer sind unter den Ausdauersportlern die anfälligste Spezie auf Verletzungen. Nehmen Sie daher die Zeichen Ihres Körpers frühzeitig ernst und gönnen Sie ihm eine Pause, wenn er sie nötig hat. Normalerweise belohnt er Sie nach Ruhephasen sogar mit einer Leistungssteigerung. Auf keinen Fall sollten Sie, wenn Sie bei einem Wettkampf das Wunschtempo nicht laufen konnten, das Trainingstempo erhöhen. Im Gegenteil: Machen Sie einen Schritt zurück und bauen Sie Ihre Leistungsfähigkeit mit tieferer Intensität wieder sorgfältig auf.
8. Zu schnell zu weit
Lange Läufe, sogenannte Long Jogs sind die Lebensversicherung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Marathon, das haben Sie irgendwo gelesen. Sie ziehen also als Test los und versuchen die 35 Kilometer ohne grosse Vorbereitung zu laufen. Unmittelbar nach dem Lauf fühlen Sie sich grandios, am Tag danach aber miserabel und Sie spüren jeden einzelnen Muskel.
Besser: Tasten Sie sich Schritt für Schritt an die langen Läufe heran. Steigern Sie die längste Einheit um maximal 15 Minuten pro Woche und halten Sie die Intensität bewusst sehr tief. Erst wenn Sie bei drei Stunden angelangt sind, können Sie versuchen, die Intensität zu steigern, und zum Beispiel mit 90% der Marathongeschwindigkeit oder einem kontinuierlichen Steigerungslauf (Crescendo) zu laufen. Länger als drei Stunden sollten Sie nicht laufen, auch wenn der Marathon deutlich länger für Sie dauert. Der Nutzen von noch längeren Einheiten steht nicht im Verhältnis zur Verletzungsgefahr, vor allem bei Hobbyläufern. Weichen Sie vielmehr auf ein Koppeltraining aus: Laufen Sie zuerst drei Stunden und fahren Sie danach noch ein bis zwei Stunden mit dem Rad (oder umgekehrt).
9. Falscher Ehrgeiz
Ihnen schwebt die 4-Stunden-Marke im Marathon oder die 90-Minuten-Marke im Halbmarathon vor. Sie sind aktuell zwar meilenweit davon entfernt, wollen dieses Ziel aber unbedingt erreichen. Sie laufen im Training stets mit einem (zu) hohen Tempo und trainieren sich so zuverlässig in den Keller.
Besser: Laufen Sie Ihrem aktuellen Leistungsniveau entsprechend und nicht einer Wunschzeit hinterher. So haben Sie die Gewissheit, dass Sie sich nach und nach verbessern und vielleicht am Ende doch noch bei Ihrer Wunschzeit landen.
10. Tanz auf verschiedenen Hochzeiten
Sie laufen gerne Wettkämpfe, möchten gleichzeitig aber auch die Club-Trainings nicht missen. Sie hangeln sich von Wettkampf zu Wettkampf und verpassen im Club keine einzige Intervall-Einheit. Sie müssen aber feststellen, dass Sie weder an den Wettkämpfen noch im Club-Training mit den gleich starken Läufern der letzten Jahre mithalten können.
Besser: Bringen Sie Struktur in Ihr Training: Setzen Sie sich zwei grosse Ziele pro Jahr und bereiten Sie diese mit drei bis maximal vier Wettkämpfen vor. Führen Sie nach Wettkämpfen eine Erholungswoche durch und laufen Sie erst wieder intensiv, wenn pro Rennmeile ein Tag verstrichen ist.