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Beschwerden am Knie sind DER Klassiker unter den Sportverletzungen. Die Sportärztin Carmen Grosse erklärt, was Ausdauersportler wissen müssen.

Das Kniegelenk ist ein mechanisches Wunderwerk. Sportler können es enormen Belastungen aussetzen, ohne sich zu verletzen. Das gilt allerdings nur für die senkrechte Belastung und nicht für schräg einwirkende oder schnelle, überraschende Krafteinwirkungen.

Typischerweise wird das Knie daher bei Dreh-Sturzverletzungen wie beim Skifahren oder bei unkontrollierten Bewegungen in Spielsportarten verletzt. Dabei kann es zu Bandverletzungen oder – noch häufiger – zu Verletzungen der Meniskusscheiben kommen. Meniskusverletzungen können aber nicht nur als Folge von Unfällen auftreten, sondern auch durch starke Überlastungen des Kniegelenks oder altersbedingten Verschleiss.

Stossdämpfer im Gelenk

Der Meniskus ist ein halbmondförmiges, knorpeliges Gebilde im Kniegelenk. In jedem Kniegelenk befindet sich innen und aussen jeweils ein Meniskus. Die Menisken verteilen und übertragen die Last, stabilisieren das Gelenk und wirken so als natürlicher «Stossdämpfer» für den Gelenkknorpel. Gut durchblutet ist der Meniskus nur am Rand, wo er an die Gelenkkapsel angeheftet ist. Im Bereich des Gelenks hat der Meniskus keine Blutgefässe. Dieser Teil wird von der Gelenkflüssigkeit ernährt, welche die Gelenkkapsel produziert.

Am häufigsten treten Meniskusverletzungen im hinteren Bereich des Innenmeniskus auf. Je nach Schwere der Meniskusverletzung können die Beschwerden sehr unterschiedlich sein. Oft klagen Sporttreibende über Schmerzen nach längeren Belastungen oder nach «falschen» Bewegungen. Der Meniskus selbst schmerzt nicht, weil sich im Knorpel keine Nerven befinden. Die Kapsel jedoch, an welcher der Meniskus «aufgehängt» ist, ist sehr empfindlich. Durch eine Meniskusverletzung können «abgeschliffene» Knorpelbestandteile die Gelenkkapsel reizen und zu Schmerzen führen sowie zu einer Ansammlung von Flüssigkeit, einem Kniegelenkerguss. Bewegungen verstärken dann den Schmerz.

Manchmal legt sich auch ein Meniskusteil in den Gelenkspalt und blockiert dadurch das Kniegelenk, als Folge kann das Knie nicht mehr gestreckt werden. Auch ein Schnappen oder Knacken kann bei Meniskusverletzungen auftreten. Die Schmerzen sind – je nachdem, welcher der beiden Menisken verletzt ist – innen oder aussen am Kniegelenk lokalisiert.

Was tun bei Verletzungen?

Sehr kleine Risse des Meniskus müssen nicht unbedingt operiert werden, wenn sie keine Beschwerden verursachen. Die Mehrzahl der Meniskusverletzungen wird jedoch operiert, da Schmerzen oder funktionelle Einschränkungen vorliegen und der Patient mit diesem Zustand nicht zufrieden ist.

Eine Operation erfolgt in fast allen Fällen arthroskopisch mithilfe einer ins Gelenk eingeführten Mikro-Kamera, um den Eingriff möglichst gering zu halten. Ziel dabei ist, so viel Meniskusgewebe wie möglich zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Diese Erkenntnis hat sich jedoch erst mit der Zeit durchgesetzt. Lange glaubte man, dass der Meniskus als «Irrtum der Natur» nicht von grosser Bedeutung sei und hat ihn routinemässig bei Verletzungen einfach komplett entfernt.

Durch eine Entfernung des Meniskus wird aber die Stabilität des Gelenks massiv geschwächt und eine Arthrose begünstigt. Unzählige Sportler, denen in jungen Jahren der Meniskus entfernt wurde, leiden bis heute darunter. Mittlerweile weiss man um die Funktion und die Wichtigkeit der Meniskusscheiben und versucht sie zu erhalten.

Fixieren oder nähen

Ist der Meniskus in der gut durchbluteten Zone gerissen, sollte er deshalb genäht oder mit speziellen Stiften fixiert werden. Die Rehabilitation dauert dann mit bis zu drei Monaten zwar etwas länger, da die Nähte verheilen müssen. Doch so kann der Meniskus stabilisiert werden und seine Funktion wieder erfüllen.

Akute Risse heilen grundsätzlich in einem gesunden Meniskus besser als Meniskusrisse, die über viele Jahre entstanden sind bei Sportlern, die schon etwas älter sind. Auch die Rissform spielt eine Rolle für das Behandlungsergebnis.

Für (Leistungs-)Sportler kann eine längere Rehabilitationszeit insofern eine grosse Rolle spielen, da allenfalls eine komplette Saison abgehakt werden muss, während nach einer Meniskus-Entfernung bereits nach zwei Wochen wieder trainiert werden kann. Hier müssen intensive Gespräche mit dem Athleten und seinem Betreuungsumfeld geführt werden, um die langfristig bestmögliche Lösung zu finden.

Grundsätzlich sollte man bei jungen Sportlern, die ihre Karriere noch vor sich haben, eher die langfristige Lösung einer Naht bevorzugen als bei einem «Silver Athlet», der unbedingt noch eine gute (oder gut bezahlte) Saison machen möchte vor seinem Rücktritt.

Minimal entfernen

Bei Meniskusverletzungen in der weissen, nicht durchbluteten Zone müssen die zerstörten Meniskusanteile meist entfernt werden. Denn die Chance, dass sie wieder anwachsen, ist hier sehr gering. Ziel ist aber, so viel gesundes Meniskusgewebe wie möglich zu erhalten. Nach der Teilentfernung werden die Rissränder vorsichtig geglättet.

Sollte der Meniskus vollständig zerstört sein und eine Naht oder Wiederherstellung nicht möglich sein, kann als Option der Meniskus durch ein Meniskus-Transplantat ersetzt werden. Auch dieser Eingriff erfolgt arthroskopisch, erfordert jedoch vom behandelnden Arzt ein grosses Mass an Erfahrung. Ein weiteres Handicap: Dieses weltweit angewandte Verfahren zur Wiederherstellung der Gelenkfunktion ist in der Schweiz als Pflichtleistung von den Krankenkassen noch nicht anerkannt.

Therapie und Vorsorge

Eine krankengymnastische Therapie nach der Operation einer Meniskusverletzung ist entscheidend. Sie trainiert die Muskulatur und verbessert die muskuläre Gelenkführung. Vor allem bei einer Meniskusnaht ist es wichtig, zu starke Belastungen zu Beginn zu vermeiden. Mit Gelenkschienen lässt sich das Ausmass der möglichen Bewegung einstellen, um die Naht zu schützen. Trotz guter Ergebnisse in der Behandlung von Meniskusverletzungen sollte wie immer im Sport versucht werden, es gar nicht erst zu einer Verletzung kommen zu lassen. Folgende Punkte sind für eine lange Meniskusgesundheit wichtig:

  • Bleiben Sie aktiv! Eine Schonung der Gelenke schont nicht vor Meniskusschäden. Ein Meniskus kann beim täglichen Einkauf ebenso gut reissen wie beim Orientierungslauf.
  • Kräftigen Sie Ihre Muskeln! Eine kräftige Muskulatur verbessert den Bewegungsablauf im Gelenk, stabilisiert es und verhindert so gefährliche Dreh/Quetsch-Bewegungen bei unvorhergesehenen Bewegungen (Ausrutschen, Körperkontakt im Spiel, Sturz usw.) oder bei wiederkehrenden Belastungen.
  • Halten Sie Mass! Auch vermeintlich «gesunde» Sportarten wie Laufsport oder Radfahren können für den Meniskus gefährlich werden, wenn Vernunft und Mass auf der Strecke bleiben. Tausende Kilometer auf dem Rennvelo mit zu tiefem Sattel oder falsch eingestelltem Klickpedal können den stärksten Meniskus kaputt machen.

*Dr. med. Carmen Grosse ist Fachärztin für Sportmedizin und orthopädische Chirurgie mit eigener Praxis (Orthopädie Oerlikon). Orthopädie Oerlikon ist Partner der alphaclinic Zurich. 

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