Als frischgebackene Mutter muss man plötzlich über Dinge nachdenken, über die man sich vorher nie Gedanken gemacht hat. Eines dieser Dinge ist das Thema Stillen und Sport. Die wichtigsten Tipps.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Frauen, ihre Babys mindestens während der ersten sechs Monate nach der Geburt voll zu stillen und als Ergänzung bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die meisten Frauen, die nach der Geburt wieder mit dem Laufen beginnen, immer noch stillen.
Stillende Frauen werden rasch mit diversen Argumenten konfrontiert, ob und in welchem Masse Stillen und Joggen zusammenpassen. Einige davon sind Mythen, die sich hartnäckig halten und für Verunsicherung sorgen, wie etwa:
- Milchproduktion: Sport beeinflusst die Milchproduktion nicht, wie vielfach behauptet wird. Voraussetzung ist, dass der Energiebedarf der Mutter durch die Ernährung ausreichend gedeckt ist.
- Milchqualität: Die Muttermilch ist nach dem Training immer noch genauso nahrhaft wie zuvor. Studien zeigen, dass ausschliesslich gestillte Babys von Müttern, die regelmässig Sport treiben, genauso wachsen wie diejenigen, deren Mütter sich nicht sportlich betätigen. Auch die zusätzlichen Immunschutzstoffe in der Muttermilch werden durch Sport nicht verändert.
- Milchgeschmack: Einige warnen vor intensiver Bewegung, weil diese die Milch angeblich sauer macht. Geschmacklich kann daran etwas Wahres sein. Nach einem intensiven Training können die Milchsäurewerte in Muttermilch bis zu 90 Minuten signifikant ansteigen, was den Geschmack der Milch beeinflussen kann. Die Qualität bzw. der Nährwert der Milch wird allerdings dadurch nicht beeinträchtigt. Stillende Sportlerinnen sollten am besten vor dem Sport stillen, damit das Baby danach nicht gleich wieder Milch braucht. Nach einem moderaten Training gibt es keinen Anstieg der Milchsäurewerte.
Neben den Mythen gibt es auch handfeste Punkte, die stillende Sportlerinnen beachten sollten. Gleichzeitig ist es wie bei vielen sportlichen Aktivitäten so, dass individuell grosse Unterschiede bestehen können. Sportliche Jungmütter sollten sich nicht zu stark beeinflussen lassen und dürfen auf ihr eigenes Körpergefühl achten.
7 wichtige Punkte rund ums Stillen
- Energiebedarf: Das Stillen hat einen Einfluss auf den Energiebedarf der Frau. Beim Vollstillen werden bis zu 500 Kalorien mehr benötigt. Durch Sport erhöht sich der Energiebedarf zusätzlich. Vielen Frauen kommt das entgegen, da sie Schwangerschaftspfunde verlieren möchten, aber gleichzeitig erhöht es das Risiko für ein Energiedefizit mit all seinen negativen Folgen (Stichwort RED-S!). Zum Energieverbrauch durch Sport sollte immer auch der Energiebedarf für das Stillen dazugerechnet werden.
- Verletzungsanfälligkeit: Stillen kann das Verletzungsrisiko erhöhen, da die Werte des Hormons Relaxin länger erhöht bleiben als bei nicht-25stillenden Frauen und dadurch die Bänder lockerer sind. Das kann sich unangenehm anfühlen, Schmerzen bereiten oder sogar zu Verletzungen führen. Während des Stillens können einige Mütter aufgrund der hormonellen Veränderungen eine temporär verringerte Knochendichte erfahren, was theoretisch das Risiko für Frakturen erhöhen könnte. Die Forschungslage dazu ist allerdings nicht eindeutig. Es gibt auch andere Faktoren wie Ernährung, körperliche Aktivität und allgemeine Gesundheit, die eine Rolle spielen.
- Sport-BH: Auch für nicht-stillende Frauen ist ein guter Sport-BH unerlässlich und hat einen wesentlichen Einfluss auf ihre Performance und aufs Wohlbefinden. Da die Brüste in der Stillzeit zwischen 1 bis 3 Körbchengrössen wachsen und sich stetig verändern, ist ein guter Sport-BH umso wichtiger. Entscheidend ist, dass der BH das Brustgewebe nicht einschnürt, da dies zu verstopften Milchgängen oder Brustentzündungen führen kann.
- Bequeme Haltung: Während des Stillens soll die Mutter eine bequeme und stabile Position finden, um das Baby zu halten. Oft tendieren Mütter dazu, sich nach vorne zu beugen, um das Baby leichter zu erreichen und/oder zu unterstützen. Das führt zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Haltung, insbesondere im Bereich des oberen Rückens und des Nackens, was sich in Verspannungen und Beschwerden äussern kann.
- Gute Hydration: Eine genügende Flüssigkeitszufuhr ist entscheidend. Stillende Mütter produzieren 500-700 ml Milch pro Tag, daher ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von entscheidender Bedeutung. Bei sportlichen Müttern ist dieser Bedarf sogar noch höher, da der Flüssigkeitsverlust durch das Training steigt. Stillende Frauen sollten daher vor, während und nach dem Training reichlich Wasser trinken, damit sie hydriert bleiben und die Milchproduktion aufrechterhalten wird.
- Zeitmanagement: Idealerweise sollten Mütter kurz vor dem Training stillen oder abpumpen. Dies macht das Training angenehmer, verringert das Risiko eines Milchstaus und stellt sicher, dass das Baby Milch bekommt, falls sich der Milchgeschmack nach dem Training vorübergehend verändert.
- Erholung: Sport fördert die Ausschüttung von Endorphinen, die helfen können, postpartale Depressionen zu bekämpfen und die allgemeine Stimmung zu verbessern. Stillende Sportlerinnen sollten jedoch unbedingt auch auf genügend Ruhe und Erholung achten,
da der Körper mit Milchproduktion und körperlicher Anstrengung doppelt beansprucht wird.
Melanie Weilenmann hat sich beruflich aufs Thema Laufen und Frauen spezialisiert und bietet Beratungen und Trainingsplanungen rund ums Thema hormonelle Gesundheit und Mutterschaft an. www.melanieweilenmann.com oder auf Instagram unter melanie.weilenmann