Kohlenhydrat- oder Sportgetränke sind essenziell, um sportlich intensive Ausdauerleistungen über längere Zeit aufrechterhalten zu können. Doch welche Konzentration in den Getränken ist am besten und wie kann man seinen Magen-Darm-Trakt bezüglich optimaler Aufnahme besser vorbereiten?
Zuerst etwas Theorie: Die Kohlenhydrate werden im Darm über spezielle Kohlenhydrattransporter aufgenommen. Dafür müssen zwei- oder mehrkettige Kohlenhydrate zuerst durch Enzyme gespalten werden, um danach als Einzelteilchen wie Glukose, Fruktose oder Galaktose vom Körper aufgenommen zu werden. Dabei wird in zwei verschiedene Transporter unterschieden:
- Einer der Glukose und Galaktose transportiert…
- …sowie ein anderer, der Fruktose transportiert
Die Aufnahmekapazität der Glukosetransporter ist auf rund 66 Gramm pro Belastungsstunde limitiert. Möchte man während einer intensiven Belastung oder im Wettkampf mehr als 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde einnehmen, so muss man daher zwingend auch Fruktose zuführen, um die Gesamttransportkapazität über den zweiten Transporter zu erhöhen.
Man kann sich das wie zwei Tunnelsysteme vorstellen: Führt man mehr als 66 Gramm Glukose pro Stunde zu, kommt es vor dem einen Tunnel zu einem Stau. Um eine grössere Menge transportieren zu können, muss man den «Fruktosetunnel» verwenden und so den Stau «umfahren».
Flüssigkeitsaufnahme vorwiegend «passiv»
Generell gilt: Eine Flüssigkeit kann einfacher in den Körper gelangen, wenn ein Getränk hypoton ist. Aus diesem Grund sind viele Sportgetränke 6%-Kohlenhydratlösungen. Sprich, sie enthalten insgesamt 60 Gramm Kohlenhydrate pro Liter Flüssigkeit. So wird ein hypotoner Zustand gewährleistet. Wird die Menge an Kohlenhydraten erhöht, wird es zunehmend schwierig, das Getränk hypoton oder isoton zu halten, weil die Anzahl aktiver Teilchen im Wasser ansteigt. Das heisst, die Osmolalität steigt an und das Getränk wird zunehmend isoton oder gar hyperton.
Mittlerweile sind aber auch Sportgetränke auf dem Markt zu finden, die eine 8%-Kohlenhydratlösung vorweisen und trotzdem eine niedrige Osmolalität besitzen. Dadurch können sie gewährleisten, dass zum einen die Kohlenhydrate in ausreichender Menge bereitgestellt werden und zum anderen die Flüssigkeit auch ins Zellinnere gelangt. Mittlerweile haben einige grosse Hersteller (darunter auch Schweizer Hersteller wie Sponser, Winforce, Verofit oder Isostar) solche 8%-Getränke im Angebot.
Um die Anzahl aktiver Teilchen nicht übermässig ansteigen zu lassen, werden vermehrt langkettige und verzweigte Kohlenhydrate oder Stärkequellen eingesetzt. Auch das Weglassen von zusätzlichen Stoffen (u.a. Vitamine, Aromastoffe usw.) kann helfen, die Osmolalität trotz hohem Kohlenhydratgehalt tief zu halten. Aus der praktischen Erfahrung sind solche Getränke sehr gut verträglich, dennoch muss individuell ausgetestet werden, welches Getränk für einen persönlich am besten passt. Auch der Geschmack kann für längere Belastungen und Ultra-Ausdauerwettkämpfe entscheidend sein. Einige mögen es lieber süss, andere eher neutral und/oder weniger süss.
Den Magen-Darm-Trakt kann man trainieren
Entscheidend für die Zufuhr von grossen Mengen an Kohlenhydraten während einer Belastung – beispielsweise 90 Gramm pro Stunde – ist aber nicht nur das Getränk, sondern auch das Training und die Aufnahme der Kohlenhydrate. Wer im Training nie Kohlenhydrate zuführt oder jeweils nur geringe Mengen, muss sich nicht wundern, wenn im Wettkampf bei grösseren Mengen Probleme auftauchen.
Wie kann man vorgehen? Zum einen kann man die Magenentleerungsrate trainieren. Das funktioniert primär über das zugeführte Volumen. Bereits innerhalb weniger Tage kann die Entleerungsrate erhöht werden. Das heisst, mehr Volumen gelangt schneller vom Magen in den Darm. Das kann auch bestehende Magenprobleme verringern – wenn eben trainiert. Konkret bedeutet das, dass man im Training schrittweise das Flüssigkeitsvolumen – also die Trinkmenge – erhöht. Speziell bei heissen Temperaturen kann dies entscheidend sein!
Ein weiterer Punkt betrifft die Trainierbarkeit der Kohlenhydrataufnahme im Darm. Die Aufnahmekapazität wird durch eine Erhöhung der Anzahl und der Aktivität der Kohlenhydratkanäle über längere Zeit verbessert. Dafür müssen im Training aber auch grössere Mengen Kohlenhydrate zugeführt werden. Schlussendlich sollte dies mindestens die gleiche Menge (oder gar ein bisschen mehr) sein wie später im Wettkampf gewünscht. Auch die Belastungsintensität ist ein wichtiges Puzzlestück. Es gilt: Je höher die Belastung, desto schwieriger die Aufnahme und Verdauung der zugeführten Mengen. Es lohnt sich daher, die Wettkampfverpflegung auch bei erhöhter Intensität zu trainieren.
Fazit: Wer im Training selten bis nie Kohlenhydrate verwendet und die Kohlenhydrataufnahme im Wettkampf verbessern will, dem sei geraten, dies im Training zu trainieren. Es lohnt sich, mit geringen Mengen zu starten und sich schrittweise an die Zielmenge heranzutasten. Dadurch können Magen-Darm-Probleme bei intensiven Belastungen vermindert oder gar verhindert werden. Dabei ist die richtige Wahl des Sportgetränkes, das korrekte Mischverhältnis wie auch die individuelle Verträglichkeit entscheidend für das Gelingen.
Tipps für den Trainingsalltag
- Die regelmässige Flüssigkeits- und Kohlenhydratzufuhr gehört im sportlichen Training zur Vorbereitung auf einen Wettkampf dazu!
- Eine schrittweise Erhöhung der Mengen erleichtert das Angewöhnen und reduziert das Risiko für Magen-Darm-Probleme!
- Finden Sie für sich das richtige Sportgetränk (oder Gels/Energiegel), welches Sie gut vertragen.
- Starten Sie das Training der Kohlenhydrat- und Flüssigkeitszufuhr bei leichter Intensität. Funktioniert das wunderbar, können Sie sowohl Menge wie Volumen auch bei hoher Intensität austesten.
- Achten Sie auf Fruktose in den Getränken, falls Sie mehr als 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde einnehmen möchten.
- Auch der rasche Griff zur Flasche oder das Trinken aus dem Becher unter Belastung müssen gelernt sein und daher vorgängig geübt werden!
Joëlle Flück (Jg. 1986) ist Sport- und Bewegungswissenschafterin, Ernährungsexpertin und Präsidentin der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS), der Fachgesellschaft für Sporternährung in der Schweiz.

























