Infektionen stellen für Sportler ein ernstzunehmendes Problem dar. Eine erhöhte Infektanfälligkeit führt zu Trainingsausfällen und somit zu einem geringeren Trainingsvolumen. Durch bewusste Ernährung, ausreichend Schlaf und in gewissen Phasen eine gezielte Supplementation, lässt sich die Immunfunktion optimal unterstützen.
Mehrere Faktoren können die Immunfunktion des Menschen beeinträchtigen. Ein hohes Trainingsvolumen oder intensive Belastungen beispielsweise erhöhen das Infektionsrisiko. Dieses folgt einer U-Kurve: Moderate Bewegung stärkt das Immunsystem, während exzessives Training – wie auch Bewegungsmangel – das Infektionsrisiko ansteigen lässt. Eine schlechte Schlafqualität, Stress im Alltag, sich verändernde Umweltbedingungen wie Höhenaufenthalt, Kälte, Hitze oder lange Flugreisen mit Jetlag erhöhen das Risiko ebenfalls sowie auch Aufenthalte in geschlossenen Räumen und/oder in Menschenmassen, eine schlechte Ernährungsqualität oder eine unzureichende Energiezufuhr.
Wie funktioniert unser Immunsystem?
Unser Körper ist mit verschiedenen Abwehrfunktionen ausgestattet. Haut oder Schleimhäute sind natürliche Barrieren, die uns helfen, Fremdkörper, Staub oder Dreck vom Körper fernzuhalten. Auch im Blut haben wir Zellen, die uns helfen, sich gegen Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten zu wehren, namentlich Granulozyten und Monozyten.
Unser Immunsystem ist faszinierend, weil es sich anpassen kann und mit jeder neuen Infektion dazulernt. Unser Immunsystem erinnert sich an bereits durchlaufene virale Infektionen, worauf der Körper schneller und effizienter reagieren kann. Wichtige Akteure hierbei sind T-Helferzellen, B-Lymphozyten, Cytotoxin T und Antikörper, die als spezifische Abwehr fungieren.
Ernährung und Immunsystem
Unsere Ernährung liefert primär Energie und Baustoffe für die Immunabwehr, etwa zur Bildung neuer Antikörper, Cytokine oder anderer Zellen. Vitamine und Mineralstoffe dienen als Regulatoren der Immunzellen. Gewisse Mikronährstoffe zeigen auch eine antibakterielle oder anti-virale Wirkung. So genannte anti-inflammatorische, also entzündungshemmende Nährstoffe, dienen als Schutz gegen den Zerfall von Zellen.
Zink, Vitamin C, Vitamin D sowie Polyphenole sind eine Auswahl dieser wichtigen Stoffe. Auch das Aufrechterhalten eines gesunden Darmmilieus, des sogenannten Mikrobioms, unterstützt die Immunabwehr. Pro- oder auch Präbiotika fördern das Gleichgewicht der Darmbakterien.
Zu wenig Energie schadet
Eine unzureichende Energiezufuhr wie auch ein chronisches Energiedefizit oder ein sehr niedriger Körperfettanteil erhöhen das Infektionsrisiko. Kohlenhydrate spielen hierbei eine wichtige Rolle, da ein Mangel die Stressantwort des Körpers verstärken kann. Eine zu geringe Energiezufuhr kann das Infektionsrisiko um das 7- bis 8-Fache erhöhen. Auch Mikronährstoffdefizite, wie beispielsweise ein Vitamin D Mangel oder ein Flüssigkeitsmangel mit einem Austrocknen der Schleimhäute können das Infektrisiko v.a. für Atemwegsinfekte erhöhen.
Die Top Sechs Ernährungsstrategien
Mittels Ernährung kann man einiges tun, um seine Immunabwehr so stark wie möglich zu halten. Sechs Massnahmen nach Priorität geordnet:
- Ausgewogene und bedarfsgerechte Energiezufuhr: Vermeidung von Nährstoffdefiziten und Crash-Diäten.
- Hochwertige Proteinquellen in jeder Hauptmahlzeit bevorzugen.
- Vitamin-D-Supplementation in den Wintermonaten (besonders in der Schweiz).
- Zinklutschtabletten & Vitamin-C-Supplementation bei akuten Infekten (75 mg Zink, 1 g Vitamin C pro Tag). Das kann helfen, die Symptome abzuschwächen oder gar die Dauer zu verkürzen.
- Probiotika-Supplementation in infektanfälligen Phasen, bei langen Reisen oder nach Antibiotikaeinnahme.
- Vitamin-C-Supplementation in Stress- oder intensiven Trainingsphasen (>200 mg/Tag).
Zusätzliche Tipps, um das Risiko eines Infekts zu minimieren:
- Eigene Trinkflasche verwenden
- Häufiges Händewaschen
- Vermeidung von Berührungen im Gesicht (Bsp. Augen)
- Kontakt mit infizierten Personen reduzieren
- Genügend Erholung und Schlaf
- Keinen schnellen Gewichtsverlust anstreben (keine Crash-Diäten)
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr beachten
Auch die Wahl der Lebensmittel kann dazu beitragen, Infekte vermeiden zu können. Folgende Lebensmittel haben einen positiven Einfluss auf Entzündungen, Infekte oder das Immunsystem:
Preiselbeeren: Bei gewissen Bevölkerungsgruppen kann das Auftreten von Harnwegsinfekten durch den Konsum von Preiselbeeren (z.B. als Saft oder Kapseln) reduziert werden. Dies zeigte sich vor allem bei Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten, bei Kindern oder bei Personen, die besonders anfällig sind (z. B. Querschnittgelähmte).
Kurkuma bzw. Kurkumin: Kurkuma bzw. das darin enthaltene Kurkumin hat eine antibakterielle Eigenschaft. Diese Wirkung wird jedoch nur erzielt, wenn gewisse Mengen unseren Stoffwechsel überhaupt erreichen. Seine Bioverfügbarkeit ist begrenzt. Nur über die Verwendung von Kurkuma als Gewürz ist kaum ein Nutzen zu erwarten.
Zitrusfrüchte: Zitrusfrüchte sind für ihren hohen Vitamin-C-Gehalt bekannt, der mit einer starken antioxidativen Wirkung in Verbindung gebracht wird.
Ingwer: Ingwer hat entzündungshemmende Eigenschaften und kann insbesondere bei akuten Infektionen als unterstützendes Lebensmittel zur Förderung der Heilungsprozesse beitragen.
Honig: Honig wird insbesondere zur Wundbehandlung aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften eingesetzt. Obwohl es bislang keine umfassend kontrollierten wissenschaftlichen Studien gibt, kann der Einsatz von Honig in akuten Infektphasen sinnvoll sein.
Polyphenole (dunkle Schokolade, dunkle Beeren): In den wenigen verfügbaren Humanstudien, die eine gezielte Polyphenolsupplementation untersuchten, wurde eine Verringerung von Infektionen der oberen Atemwege festgestellt. Daher kann sich eine vielfältige Auswahl an polyphenolreichen Obst- und Gemüsesorten sowie dunkler Schokolade vorteilhaft auswirken.
Omega-3 Fettsäuren: Neben ihren entzündungshemmenden Eigenschaften und positiven Effekten auf das Herz-Kreislauf-System tragen Omega-3-Fettsäuren auch zur Stärkung der Immunfunktion bei. Daher ist es sinnvoll, Omega-3-reiche Lebensmittel regelmässig in die Ernährung einzubauen. Eine ausreichende Zufuhr lässt sich insbesondere durch den Verzehr fettreicher Fischarten sicherstellen.
Pro- und Präbiotika: Das Mikrobiom spielt eine wichtige, wenn auch komplexe Rolle für unser Immunsystem. Besonders bei Personen, die häufig Antibiotika einnehmen müssen, kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten. In solchen Fällen ist es sinnvoll, gezielt pro- und präbiotische Lebensmittel in die Ernährung zu integrieren, um die Darmflora zu unterstützen. Probiotika, welche nützliche Bakterien enthalten, finden sich in Supplementen sowie in fermentierten Lebensmitteln wie Kimchi, Kombucha, Kefir, Sauerkraut und bestimmten Milchprodukten. Präbiotika dienen als Nahrung für diese guten Darmbakterien und sind in Lebensmitteln wie Haferkleie, Bananen, Knoblauch, Zwiebeln, Spargel und Artischocken enthalten.
*Joëlle Flück (Jg. 1986) ist Sport- und Bewegungswissenschafterin, Ernährungsexpertin und Präsidentin der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS), der Fachgesellschaft für Sporternährung in der Schweiz.

























