Bildquelle: © GettyImages

Die Faszienrolle gehört seit einigen Jahren zum Standard-Equipment von Sportlerinnen und Sportlern aller Art. Das sagt die Wissenschaft zur Wirkung von Faszienrollen.

Eine Faszienrolle (auch Schaumrolle, Hartschaumrolle oder im Englischen foam roller) ist ein Selbstmassagegerät, das in vielen Sportarten eingesetzt wird und zur Verbesserung der Muskelleistung und -flexibilität sowie zur Linderung von Muskelermüdung und Muskelkater führen soll. Mit dem eigenen Körpergewicht wird anhand von Rollbewegungen an verschiedenen Körperstellen Druck und Zug auf die Muskulatur und das Bindegewebe ausgeübt.

Dadurch sollen die Gewebesteifigkeit verringert, Schmerzen gelindert, Triggerpunkte gelöst und/oder das Wohlbefinden verbessert werden. Doch sind diese Behauptungen wissenschaftlich evidenzbasiert? Schauen wir die einzelnen Faktoren etwas genauer an.

Nur marginale Leistungsverbesserung

Eine statistische Auswertung von 14 Studien, die die Auswirkung von Aufwärmübungen mit einer Faszienrolle auf die Sprint-, Sprung- und Kraftleistung untersucht haben, deutet darauf hin, dass der Nutzen im besten Fall marginal ist. Nur die Sprintleistung konnte minimal verbessert werden. Die 0,7% Verbesserung sind für Freizeitsportlerinnen und -sportler belanglos.

Eventuell können Spitzensportlerinnen und Spitzensportler von der kleinen Verbesserung profitieren; die Annahme muss aber mit Vorsicht genossen werden, da sie nur auf zwei kleinen Studien basiert. Eine andere Übersichtsarbeit mit 22 Studien kommt zu einem ähnlichen Schluss. Wenn überhaupt, dann bewirkt das Aufwärmen mit einer Faszienrolle nur unbedeutsame Verbesserungen der sportlichen Leistung. Bei längerer Anwendung (z. B. mehr als 2 min pro Muskel) kann die Leistungsfähigkeit sogar beeinträchtigt sein. Die Anwendung einer Faszienrolle zwecks Leistungssteigerung ist daher nutzlos.

Tipp: Besser geeignete Aufwärmübungen zur Leistungssteigerung sind kurze Ausdaueraktivitäten (z. B. Joggen, Seilspringen), gefolgt von gezielten Gymnastikübungen, dynamischem Dehnen und/oder sportartspezifischen Aktivitäten (z. B. leichte Gewichte stemmen vor dem Krafttraining).

Beweglichkeit kurzfristig leicht gesteigert

Die Beweglichkeit unmittelbar nach Anwendung einer Faszienrolle kann leicht gesteigert sein. Dies könnte auch mit einem veränderten Schmerzempfinden zusammenhängen, was die Dehnungstoleranz erhöhen kann. Das wiederum bedeutet aber, dass die Anpassungen vermutlich nur kurzfristig sind, da sie auf vorübergehenden neurologischen Anpassungen beruhen. In der Tat scheint die verbesserte Flexibilität nach einer Anwendung nur wenige Minuten anzudauern. Strukturelle Anpassungen zur Flexibilitätssteigerung, wie das Lösen von Verspannungen der Muskelfaszien, sind mit einer Faszienrolle wahrscheinlich kaum möglich. Trotzdem kann die regelmässige Anwendung (vier Wochen oder mehr) die Beweglichkeit längerfristig verbessern.

Werbung

Tipp: Die Beweglichkeit kann alternativ mittels statischem oder dynamischem Dehnen erhöht werden. Die akuten und langfristigen Verbesserungen der Flexibilität sind beim Stretching mit denen einer Faszienrolle vergleichbar. Eine Kombination von Dehnen und Faszienrolle führt zu keinem zusätzlichen Effekt.

Bessere Regeneration?

Die Anwendung einer Faszienrolle nach dem Sport kann die belastungsbedingten Muskelschmerzen über einen Zeitraum von zwei bis drei Tagen leicht vermindern. Eine schnellere Regeneration der Sprint-, Sprung- und Kraftleistungsfähigkeit konnte jedoch in einer statistischen Zusammenfassung von sieben Studien nicht nachgewiesen werden. Dennoch kann sich eine Verringerung der Muskelschmerzen vorteilhaft auswirken, weil so die Bereitschaft zum Bewegen/Trainieren schneller wiederhergestellt sein kann. Allerdings scheint der schmerzlindernde Effekt auf vorübergehenden Anpassungen des zentralen Nervensystems zu beruhen. So gesehen ist die Wirkung eher auf eine Symptom- als auf eine Ursachenbekämpfung zurückzuführen.

Tipps:

  • Alternativ kann ein Eisbad zur Behandlung von Muskelkater wirksam sein.
  • Dehnen vor oder nach dem Sport kann den belastungsbedingten Muskelkater ebenfalls verringern, jedoch nur in einem irrelevanten Ausmass.

Auch die Empfindung zählt

Fazit: Die messbaren Auswirkungen von Faszienrollen auf die Leistungsfähigkeit und die Regeneration sind gering. In einigen Fällen kann die Anwendung sinnvoll sein, z. B. zur Steigerung der Beweglichkeit, des subjektiven Wohlbefindens oder zur Verringerung der belastungsbedingten Muskelschmerzen. Der Wirkmechanismus der Faszienrolle beruht auf vorübergehenden sensorischen Anpassungen. Gerade diese wohltuende Wirkung und subjektive Lockerung der Muskulatur wird von vielen Anwendern positiv empfunden. Eine regelmässige Selbstmassage mit der Faszienrolle hat zudem oft auch eine entspannende Wirkung für den Geist, weil man sich einen Moment der Ruhe gönnt und sich Zeit für die wichtige Regeneration nimmt. Zudem kann man die Muskeln auch auf Reisen einfach und überall «ausrollen».

Strukturelle Veränderungen wie das Lösen von Verspannungen oder Knotenpunkten sind jedoch nicht zu erwarten. Auch ist die Wirksamkeit anderen Strategien gegenüber (statisches oder dynamisches Dehnen, Eintauchen in kaltes Wasser usw.) nicht überlegen.

 

*Dr. Jan Stutz ist promovierter Bewegungswissenschaftler und forschte an der ETH Zürich zum Thema Bewegung und Gesundheit. Auf seiner Website www.bewegung-ist-medizin.ch schreibt er über die positiven Auswirkungen regelmässiger körperlicher Aktivität auf Körper und Geist und gibt praktische Tipps, wie man mit Bewegung die Gesundheit erhalten und verbessern kann.

Was Sie auch interessieren könnte

Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert