Fast 50 000 Langlauf-Pässe sind im letzten Winter hierzulande verkauft worden – rund 30 % mehr als in der Rekord-Saison 2015/16. Vieles deutet daraufhin, dass der Run auf die schmalen Latten andauert.
Über den glitzernden Schnee gleiten, frische Luft einatmen und dabei noch etwas Gutes tun für das Herz-Kreislauf-System: Langlaufen ist voll im Trend. Nie zuvor tummelten sich so viele Schweizer(innen) auf den hiesigen Loipen. Nicht nur in den Hochburgen Davos, Engadin, Lenzerheide und Goms, auch in tieferen Lagen, in Einsiedeln, Studen, Rothenturm oder im Jura, wo in der vorletzten Saison mangels Schnee kaum je gespurt werden konnte. Ja, sogar im Aargau, auf dem Horben oder auf der Loipe Kalthof-Wiliberg, stürmten die Leute schon zwei Wochen vor Weihnachten die Loipe.
Sehr zur Freude auch von Mariette Brunner, der Präsidentin des Verbandes Loipen Schweiz. «Schön, dass der Boom nach der Rekordsaison sogleich weitergeht», sagt sie. Im letzten Winter hat allein Loipen Schweiz mehr als 43 000 Langlaufpässe verkauft und so gut sechs Millionen Franken eingenommen. Das sind 48 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Diese Zahlen übertreffen auch den bisherigen Rekordwinter 2015/16 noch um satte 30 Prozent.
Bei Loipen Schweiz sind 120 Loipen-Organisationen der Deutschschweiz und dem Tessin dabei, nicht aber die Romandie. Da war der Zuwachs mit mehr als 5000 verkauften Langlauf-Pässen ähnlich gross. Und dabei sind in diesen Abrechnungen die Tages- und Wochenkarten sowie die regionalen Saisonkarten noch gar nicht enthalten.
Corona als Katalysator
Brunner sieht vor allem zwei Gründe für die Rekord-Zahlen. Erstens der frühe Schneefall bis in tiefe Lagen und vor allem in allen Regionen der Schweiz. Und zweitens die Folgen der Pandemie: Wegen der unsicheren Lage wandten sich manche dem Sport auf den schmalen Latten zu, wo die Gefahr einer Virusinfektion geringer ist, da es auf der Loipe kaum je zu Menschenansammlungen kommt.
Eine wachsende Beliebtheit des Langlaufs beobachtet Mariette Brunner aber schon seit einigen Jahren. Was nicht weiter verwundert: Schliesslich bietet Langlauf ein wunderbares Naturerlebnis, ist als Ganzkörpersport überaus gesund – und erst noch kostengünstig.
Ähnlich wie bei Loipen Schweiz tönt es auch aus den einzelnen Regionen: Im Engadin wurden im letzten Winter mehr als 10 000 Wochenkarten und mehr als 22 000 Tageskarten abgesetzt, «rund 30 Prozent mehr als in der Vorsaison», wie Jan Steiner, Brand Manager von Engadin St. Moritz Tourismus festhält, «und so viele wie noch nie». Von Rekordzahlen und «Zunahmen um rund 30 Prozent» spricht man auch im Goms und in Studen SZ.
Engpässe beim Material
Der Run auf die Langlaufski hat sich so sehr entwickelt, dass es in vielen Sportgeschäften kaum mehr Material gibt. Viele Hersteller können den Händlern nichts mehr nachliefern. In der Langlauf-Szene herrschen letztlich dieselben Freuden und Sorgen wie in der Velo-Community.
Vieles deutet denn auch daraufhin, dass der Langlauf-Trend andauert. Im Engadin fiel früh so viel Schnee, dass schon am ersten November-Wochenende 50 Kilometer Loipen gespurt werden konnten. Aber auch an schneefreien Orten herrschte ein Run auf Langlauf. «Die Leute rennen mir die Bude ein», staunte Res Schaad von Nordic-Sports in Studen. Wegen Lieferengpässen konnte er schon Mitte November keine Occasion-Saisonmieten mehr anbieten.
Schaad sieht noch einen weiteren Grund für das frühe Engagement der Hobby-Langläufer. «Viele haben aus der letzten Saison die Lehren gezogen und wollten parat sein, wenn der Schnee kommt.» Und einige ahnen wohl auch, dass mit den Lieferengpässen die Ware künftig noch knapper und damit auch teurer werden wird.
Bereits gestiegen ist der Preis für den Langlauf-Pass: von 140 auf 160 Franken. Für Mariette Brunner immer noch «gut investiertes Geld für ein flächendeckendes Loipennetz von 5500 Kilometern». Den Verdacht, Loipen Schweiz habe die nun gestiegene Nachfrage ausgenützt, weist sie von sich. «Die jetzige Preiserhöhung ist schon seit drei Jahren ein Thema», sagt sie, «und die letzte Preiserhöhung fand vor sechs Jahren statt.» Ausserdem fliessen mehr als zwei Drittel der Einnahmen an die Loipengebiete zurück, womit diese wiederum ihre Infrastruktur verbessern können.