Bildquelle: © Keystone SDA

 

Den 21. Februar 2002 werden sie nicht so schnell wieder vergessen. An jenem Tag schrieben die Schweizer Langläuferinnen ein schönes Stück Sportgeschichte.

An den Olympischen Spielen in Salt Lake City liefen Andrea Huber, Laurence Rochat, Brigitte Albrecht Loretan und Natascia Leonardi Cortesi in der 4×5-km-Staffel sensationell zu Bronze. Es war nicht nur die 100. Schweizer Medaille an Olympischen Winterspielen, es war auch die erste und bislang letzte Schweizer Olympia-Medaille im nordischen Skisport der Frauen.

Der Erfolg kam in jeder Hinsicht überraschend: In Weltcup-Einzelrennen war keine der vier Frauen jemals aufs Podest gelaufen. Und als Staffel hatten sie sich gar nicht für die Olympischen Spiele qualifiziert. Nur dank starken Leistungen in den Einzelrennen zuvor, der Unterstützung von Swiss Olympic und dem Goodwill der Veranstalter erhielten sie in Soldier Hollow, wo die Langlauf-Wettkämpfe stattfanden, überhaupt eine Startgelegenheit.

Gedopte Russin

Diese Chance aber nutzten sie resolut. Nach dem kurzfristigen Startverbot für die Russinnen (Spitzenläuferin Larissa Lasutina wies einen zu hohen Hämoglobinwert auf), «glaubten wir, dass etwas drinliegen könnte», erinnert sich Startläuferin Andrea Huber, «wir waren dann auch von Beginn weg in den Top 3». Sie selbst übergab als Zweite, ihre Teamkolleginnen verteidigten danach die dritte Position hinter den Deutschen und den Norwegerinnen stets souverän. Auf die viertplatzierten Tschechinnen hatten sie am Ende mehr als eine halbe Minute Vorsprung.

Der Exploit überraschte auch das Schweizer Fernsehen: Die Regie schaltete erst live zum Staffelrennen, als die Frauen auf Medaillenkurs lagen. «In der Schweiz wussten damals viele gar nicht, dass wir überhaupt eine Staffel stellten.» Dabei hatte das Quartett (mit Sylvia Honegger anstelle von Laurence Rochat) bereits an den Olympischen Spielen 1998 in Nagano eine Medaille vor Augen. Der Rückstand auf die drittplatzierten Italienerinnen betrug damals bloss 1,7 Sekunden.

Und nun standen die vier Heldinnen mit wässrigen Augen auf dem Podest und nahmen die fast 500 Gramm schwere Bronzemedaille entgegen. «Unvergesslich», sagt Natascia Leonardi Cortesi heute. Sagen alle. Der historische Erfolg hat in der Öffentlichkeit allerdings nie den Wert erhalten, den er verdient hätte. «Wir standen damals natürlich im Schatten von Doppel-Olympiasieger Simon Ammann», sagt Andrea Huber rückblickend. Hinzu kam, dass sich Brigitte Albrecht Loretan Ende Saison vom Spitzensport zurück, Andrea Huber folgte ein Jahr später.

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Noch eine in der Loipe

Und was machen die vier Heldinnen heute? Die Engadinerin Andrea Huber (Jg 75) arbeitet «ganz normal» in einem Hochtechnologie-Unternehmen im Bereich Logistik in Grüsch GR. Die Walliserin Brigitte Albrecht Loretan (Jg 70) ist Mutter von zwei Kindern (18 und 12) und «oft in den Reben» für die hauseigene Weinkellerei. Die Waadtländerin Laurence Rochat (Jg 79) stieg nach ihrer Laufbahn bei ihrem langjährigen Sponsor, der Uhrenmanufaktur Audemars Piguet, im Event-Bereich ein. Auf die Loipe gehen sie nur noch sporadisch. «Langlauf ist in den Hintergrund gerückt».

Als einzige blieb Natascia Leonardi Cortesi (Jg 71) eng mit dem Sport verbunden. Die Tessinerin, wie Albrecht Loretan dreifache Siegerin beim Engadin Skimarathon, arbeitet heute sie als Langlauf-Lehrerin in Pontresina. Und sie hat sich in einem kleinen Dörfchen im Puschlav niedergelassen. Dessen Name: Cologna.

Seit ihren Rücktritten vom Spitzensport haben sich die vier Frauen kaum noch gesehen. «Irgendwie schade», findet Natascia Leonardi Cortesi. Es gäbe – 20 Jahre nach dem gemeinsamen Olympia-Coup – bestimmt viel zu erzählen.

Freudiger Empfang für Schlussläuferin Natascia Leonardi Cortesi im Ziel. FOTO: KEYSTONE

Mit ihrer historischen Medaille: Natascia Leonardi Cortesi, Brigitte Albrecht Loretan, Laurence Rochat und Andrea Huber (v.l.).

FOTO: KEYSTONE

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