Wer sich beim Sport in der Kälte der wichtigsten Trink-Grundsätze bewusst ist, kommt auch im Winter ohne Schwierigkeiten über die Runden.
Sporttreiben in der Kälte wird in der Regel gut toleriert. Probleme treten erst auf, wenn der Körper trotz Wärmebildung in der arbeitenden Muskulatur zu stark abkühlt. Exponierte Stellen wie Nase, Wangen oder Ohren erfrieren bei Hauttemperaturen von weniger als 0 °C. Die Flüssigkeitszufuhr spielt in diesem Zusammenhang aber keine Rolle.
Schwitzen bei Kälte von Bekleidung abhängig
Die erforderliche Trinkmenge beim Sporttreiben hängt in erster Linie von den zu erwartenden Schweissverlusten ab. Für Belastungen mit einer Dauer von wenigen Stunden und in moderater Wärme bewegen sich diese irgendwo zwischen zwei Dezilitern und zwei Litern pro Stunde, je nach Intensität der sportlichen Leistung.
Wenn im Winter der Körper nicht komplett von warmhaltender Kleidung eingehüllt ist, wird in der Kälte mehr Körperwärme direkt an die kalte Umgebungsluft abgestrahlt. Dadurch fällt die Schweissrate in der Kälte etwas geringer aus. Das Ausmass des Schwitzens hängt daher von der Bekleidung ab und wie warm diese hält. Bei leichter Bekleidung kann der Unterschied zwischen einem warmen, feuchten und einem kalten, trockenen Tag durchaus ein Liter Schweiss pro Stunde betragen.
Atmungsverlust mitrechnen
In der Kälte ist die Luft immer trocken. Kalte eingeatmete Luft wird in der Lunge angefeuchtet, und beim Ausatmen geht etwas Flüssigkeit in Form von Wasserdampf verloren. Diesen Flüssigkeitsverlust sieht man bei sehr kalten Temperaturen als kleine Nebelwolke, die wir bei jedem Atemzug von uns geben. Bei moderaten Temperaturen betragen die Atmungsverluste in Ruhe rund drei Deziliter pro Tag. Im Extremfall einer sehr langen körperlichen Aktivität in der Kälte erreichen sie aber bis zwei Liter pro Tag. Für üblichere Situationen rechnet man im Schnitt mit Verlusten von einem bis zwei Dezilitern pro Stunde intensiven Trainings.
Somit spielen die Atmungsverluste bei «kürzeren » Belastungen noch keine entscheidende Rolle und das Trinkverhalten muss deswegen nicht angepasst werden. Bei langen, sich über einen ganzen Tag hinziehenden Anstrengungen in der Kälte hingegen, wie auf Skitouren, werden diese Verluste aber signifikant und sind nach der Belastung bewusst zu kompensieren. Und abhängig vom gleichzeitigen Schweissverlust muss man schon während der Belastung die Trinkmenge entsprechend erhöhen.
Individuelle Trinkmenge einschätzen
Die sinnvolle Trinkmenge hängt somit auch in der Kälte meistens von den Schweissverlusten ab. Die generell empfohlenen 0,4 bis 0,8 Liter pro Stunde Sport mit «anständiger» Intensität sind auch in der Kälte ein guter Schätzwert. Da die Schweissverluste aber von Person zu Person erheblich variieren, ist die Ermittlung der individuellen Trinkmenge ein genauerer Ansatz.
Auf der Webseite des Forums für Sporternährung (www.ssns.ch) kann man diese mithilfe des Trinkmengenrechners auf einfache Art und Weise schätzen (www.ssns.ch/sportsnutrition > trinkmengenrechner). Verliert man zu viel Flüssigkeit während der Belastung, tritt die Ermüdung rascher ein. Die Grenze liegt im Ausdauersport bei einem Verlust von vier Prozent des Körpergewichts, bei anderen Sportarten schon etwas früher. Zudem verlangsamt sich bei Dehydration die Erholung und der Körper ist generell gestresster. Deswegen lautet das Ziel im Training, eine möglichst geringe oder gar keine Dehydration einzufahren.
Heiss oder kalt?
Und wie heiss oder kalt darf ein Getränk sein? Untersuchungen zur idealen Getränketemperatur in der Kälte gibt es nicht. Und beim Einfluss der Getränketemperatur auf die Magenentleerung gehen die Studienergebnisse sternenförmig in alle Richtungen.
Somit braucht es den gesunden Menschenverstand. Und dieser sagt: So warm oder heiss, dass das Getränk gut trinkbar ist und man genug trinkt. Bei der Wahl des passenden Getränks für die Kälte muss man zudem noch einen Aspekt berücksichtigen: die Kohlenhydrate. Denn Kohlenhydrate benötigt man genauso wie beim Sport in der Wärme, wenn die Belastung eine bestimmte Dauer und Intensität überschreitet. Die Grenze liegt hier bei rund 45 bis 60 min mit mässig bis hoher Intensität. Bis da benötigt es noch keine spezielle Zufuhr, danach aber schon, dann sollte die zugeführte Kohlen- hydratmenge 30 bis 60 Gramm pro Stunde betragen. Ob ein warmes Sportgetränk oder gezuckerter Tee als Lieferant bevorzugt wird, spielt keine grosse Rolle. Wer eine heisse Bouillon mag, sollte beachten, dass diese keine Kohlenhydrate liefert (dafür aber Salz).
Ernährungs-Experte Paolo Colombani ist wissenschaftlicher Berater mit eigener Firma.
Quellen:
(1) Castellani JW, Young AJ. Br. J. Sports Med., 2012; 46: 788-91
(2) Sawka MN et al. Sports Med., 2015; 45 Suppl 1: S51-60
(3) EFSA Panel on Dietetic Products Nutrition and Allergies. EFSA J., 2010; 8: 1459
(4) Westerterp KR et al. Pflügers Arch., 2000; 439: 483-8