Bildquelle: zVg

Die vielen Negativschlagzeilen zum Salz beunruhigen gesundheitsbewusste Menschen. Viele achten daher bewusst auf ihre Salzzufuhr. Dies muss nicht sein, denn die geforderte Salzreduktion ist fachlich unbegründet.

Die Salzreduktion ist zu einem politischen Thema geworden. Gefordert wird eine Zufuhr von weniger als 5 Gramm Salz pro Tag und in vielen Ländern drängen nationale Kampagnen auf dieses Ziel hin. Seit Jahrzehnten hält sich aber auch fachliche Kritik an dieser Forderung. Kann es sein, dass sich öffentliche Gesundheit und Politik irren und wir gar kein Problem mit unserem Salzkonsum haben?

In der Antike hochgelobt

Salz stand nicht immer in einem schlechten Licht. Für die Griechen der Antike war Salzkonsum ein Zeichen von Kultur. Wer Salz nicht kannte und die Speisen ohne Salz konsumierte, galt als unzivilisiert oder als Barbar. Es ist gar die Rede vom göttlichen Salz und die olympischen Helden konnte während ihrer Trainings nicht auf Salz verzichten. Gleich tönte es bei den Römern, für die ein menschenwürdiges Leben ohne Salz nicht möglich gewesen sein soll.

Salz wirkt unterschiedlich

Die Medizin interessiert sich seit Anfang 1900 für das Salz. Damals beobachten französische Forscher, wie bei tiefer Salzzufuhr das Körpergewicht sinkt und dasselbe bei nachfolgender Erhöhung der Salzzufuhr wieder steigt. Bei Gesunden erfolgt diese Fluktuation rasch, bei Kranken hingegen nur schleppend.

Zur gleichen Zeit beginnt die Forschung über den Einfluss des Salzkonsums auf den Blutdruck. Auch diese Studien zeigen, wie unterschiedlich Gesunde und Kranke auf eine variierende Salzzufuhr reagieren. Bei Gesunden steigt der Blutdruck selbst nach Einnahme der doppelten bis dreifachen aktuellen Tagesempfehlung, also nach 10 bis 15 Gramm, nur ganz wenig an und fällt ein paar Stunden danach auf den normalen Gehalt zurück. Bei den Kranken bleibt er hingegen länger erhöht.

Schon die damaligen Erkenntnisse belegen zweifelsfrei: Gesunden machen auch etwa 10 bis 12 Gramm Salz pro Tag, entsprechend der heute in der Schweiz konsumierten Menge, nichts aus. Kranke bekunden hingegen bei dieser Menge Mühe. Das fast 120 Jahre alte Fazit lautet entsprechend: Der Gesunde kann sich eine Menge an Salz erlauben, die seinen Geschmackssinn befriedigt; der Kranke muss sich aber ständig um seinen Salzkonsum sorgen.

Einfluss auf Blutdruck gering

Die WHO und fast alle Länder ignorieren aber diese Unterscheidung. Sie fordern für alle die gleiche Zufuhr von 5 Gramm pro Tag oder weniger, da sonst die Gefahr für Bluthochdruck steigt. Die Zusammenfassung der aktuellen Studienlage widerspricht aber dieser Forderung und zeigt einen variablen Einfluss der Salzreduktion bei Gesunden und Kranken.

Bei Bluthochdruck kann man bei einer Reduktion der Salzzufuhr von knapp 12 auf 4 Gramm pro Tag, ähnlich wie aktuell in der Schweiz für alle gefordert, eine minimale Senkung des Blutdrucks um 5.8/2.3 mm Hg erwarten. Eine so geringe Reduktion des Blutdrucks ist aber im Einzelfall nicht einmal eindeutig erfassbar und hat praktisch keinen Einfluss auf die Gesundheit. Bei Gesunden bleibt der Blutdruck bei einer solchen Salzreduktion sogar unverändert.

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Auch die anvisierte Reduktion auf weniger als 5 Gramm pro Tag ist fachlich nicht begründet. Gemäss aktueller Evidenz sieht man bei täglich etwa 10 Gramm Salz am wenigsten gesundheitliche Probleme, während bei weniger als 7,5 oder mehr als 12,5 Gramm eine erhöhte Gefahr vorliegt, verfrüht an irgendeiner Krankheit zu sterben.

Erhöhter Salzbedarf im Sport

Bei all den Diskussionen um die scheinbar zu hohe Salzzufuhr spricht kaum jemand über den höheren Salzbedarf aufgrund schweisstreibender Aktivitäten. Als grobe Faustregel rechnet man im Sport mit einer Menge von knapp zwei Gramm Salz pro Liter Schweiss und mit einem Schweissverlust von einem Liter pro Stunde Aktivität. Die Spannbreite ist aber enorm und umfasst ein halbes bis mehrere Gramm Salz pro Liter Schweiss und ein Verlust von wenigen Deziliter bis mehreren Liter Schweiss pro Stunde.

Ähnlich verhält es sich bei passiver Hitzeeinwirkung wie beispielsweise beim Sonnenbaden. Wer regelmässig schwitzt und gleichzeitig die offiziellen Empfehlungen zur geringen Salzzufuhr zu Herzen nimmt, riskiert somit eine zu tiefe Salzzufuhr.

Salzverlust nicht akut ersetzen

Im üblichen Rahmen sportlicher Aktivitäten von bis zu etwa zwei Stunden Dauer muss man die akuten Salzverluste nicht sofort kompensieren. Bei einer Ultraleistung hingegen ist eine Salzzufuhr während der Belastung sinnvoll. Viele Sportgetränke enthalten etwas Salz, aber dieser dient nicht dem Ausgleich der Salzverluste. Er bezweckt eine etwas bessere Aufnahme der Flüssigkeit.

Unabhängig von der Salzzufuhr soll man im Sport darauf achten, nicht mehr als etwa drei Prozent des Gewichts über Schweissverluste zu verlieren. Dann ist man bezüglich Leistungseinbusse oder zu starkem Flüssigkeit- oder Salzverlust auf der sicheren Seite. Wer Sport treibt, muss sich also nicht um die Salzreduktion kümmern.

«Weisses Gold»

Bereits die frühen Studien zu Beginn der 1900er-Jahre belegten die gute Regelung des Salz- und Wasserhaushaltes im Stoffwechsel. Bei gesunden und körperlich aktiven Zeitgenossen muss man daher die allgemeine Salzzufuhr nicht bewusst kontrollieren. Schwitzt man an einem Tag etwas mehr als sonst und verliert dabei mehr Salz, kann der Körper gegensteuern und behält in den Folgetagen etwas mehr Salz aus der Nahrung im Körper zurück.

Deswegen ist es auch nicht von Bedeutung, den Salzgehalt der einzelnen Lebensmittel zu kennen. Viel wichtiger ist hingegen das Wissen, dass man sich im Sport und bei Gesundheit nicht um die Salzzufuhr sorgen muss. Selbstverständlich ist dies kein Aufruf, alle Speisen zu versalzen. Es geht vielmehr darum, das Salz als traditionelle Zutat in der Küche anzuerkennen und so einzusetzen, wie es die Rezepte erfordern. So wird das Salz vom aktuellen Bösewicht wieder zu dem, was es lange war: Weisses Gold.

 

Ernährungs-Experte Dr. Paolo Colombani ist wissenschaftlicher Berater mit eigener Firma. Zusammen mit Dipl. Ing. ETH Christof Mannhart betreibt er «Notabene Nutrition«Notabene Nutrition», das Web-Magazin mit fundierten Artikeln zu Lebensmitteln, Supplementen & Healthy Living. www.colombani.ch; www.notabenenutrition.media

 

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